Die Wurzeln der Firma Simson reichen lange zurück: Bereits im Jahre 1856 gründeten die Brüder Löb und Moses Simson das Unternehmen - und stellten Waffen für die preussische Armee her. Auch wenn der Markenname Simson erst viel später durch seine Mopeds und Mokicks internationale Bekanntheit erreichen wird, bleibt die Waffenproduktion lange bestehen. Nach einer kurzen Phase der Auto- und Fahrradproduktion in den 1930er Jahren, sorgte der Zweite Weltkrieg dafür, dass die Fertigung von Fahrzeugen aufgegeben werden musste, um wieder Waffen für das Dritte Reich zu produzieren.
Unter sowjetischer Besatzung begann ab 1945 - wie in vielen Teilen der Besatzungszone - zunächst einmal die Demontage wichtiger Fertigungseinrichtungen. Im Zuge der darauffolgenden Umwandlung in eine sowjetische Aktiengesellschaft bekam die Firma allerdings die Weisung, ein Motorrad mit Viertaktmotor und 250 ccm Hubraum zu entwickeln. Eigentlich als Reparationsleistung für die Sowjetunion gedacht, wird damit gleichwohl die Zukunft als Hersteller von Zweirädern gesichert. Das zunächst auf dem Namen AWO 425 getaufte Motorrad wurde bis 1961 rund 210.000 Mal gebaut und ist heute ein gesuchter Klassiker. Dass es keinen Nachfolger für das einzige Viertakt-Motorrad der DDR gab, war ebenfalls einer politischen Weisung zu verdanken: Während bei MZ die Produktion von deutlich billigeren Zweitakt-Motorrädern in Schwung kam, entwickelten sich die seit 1955 bei Simson gefertigten Mopeds zu Verkaufsschlagern - und ließen beim Suhler Werk Kapazitätsengpässe aufkommen. Mit der Einstellung des Motorradbaus konnte die Produktpalette bei den Mokicks erweitert werden. Die Vielfalt erreichte im Laufe der 1970er Jahre für die ansonsten üblichen Maßstäbe in der DDR fast ungeahnte Ausmaße: Als Einstiegsmodell und klassisches Moped war der "Spatz" im Programm, der "Star" überzeugte die Kundschaft von sportlichen Mokicks und die "Schwalbe" trumpfte durch den Spritzschutz vor allem bei praktisch veranlagten Menschen auf. Noch heute gehört der kultige Großradroller im 60er-Jahre Barock zum Stadtbild deutscher Großstädte. Fast ein kleines Motorrad war der "Sperber", der eine Spitzengeschwindigkeit von 75 km/h erreichte. Bemerkenswert war aber auch die Fahrleistungen der anderen Modelle: Eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h lies die Fahrzeuge problemlos im Stadtverkehr mitschwimmen - und hat selbst heute noch Bestand. Der Einigungsvertrag sorgte nach der politischen Wende ab 1990 dafür, dass auch heute 16-Jährige mit dem Führerschein der Klasse M eine Simson fahren dürfen. Darüber hinaus machte das Unternehmen vor, was erst heute im internationalen Fahrzeugbau zur Selbstverständlichkeit geworden ist: Die umfangreiche Gleichteilstrategie machte die Fertigung auch unterschiedlicher Modelle rationell, weil sie sich im technischen Aufbau sehr ähnelten.
Die Wiedervereinigung überlebte das Unternehmen trotzdem nicht: Die Mokickmodelle S51 und S70 sowie die praktischen Roller SR50 und SR80 ließen sich auf dem gesamtdeutschen Markt nicht in ausreichender Stückzahl verkaufen. Viele ehemalige DDR-Bürger sahen sich nun lieber nach einem Auto um - denn das hatte eine Simson wegen der besseren Verfügbarkeit bisher häufig ersetzen müssen. Ein Export nach Osteuropa wäre zwar möglich gewesen; ehemals starke Abnehmer wie Ungarn oder Polen hätten die Mopeds aber in D-Mark bezahlen müssen - und waren dazu nicht in der Lage. Nach einigen Pleiten kam das endgültige Aus im Jahre 2003: Namensrechte und Produktionsanlagen werden verkauft und werden Eigentum der Firma Meyer-Zweiradtechnik-Ahnatal GmbH (MZA). Immerhin werden auch heutzutage noch unter dem Markennamen weiterhin Ersatzteile gefertigt, die man z.B. unter www.akf-shop.de online bestellen kann. Die Tradition von Simson bleibt also weiterhin aufrecht erhalten.