Die deutschen Autobauer hatten es in den vergangenen Jahren besonders schwer. Der über mehrere Jahrzehnte hart erarbeitete Ruf, deutsche Wertarbeit und Qualität auf die Straßen zu bringen, hat nicht nur einige Kratzer erlitten. Mittlerweile werden deutsche Autos von Kunden sogar bewusst gemieden, ein Prozess, welcher durch die Abgasmanipulationen nochmals eine besondere Dynamik erreicht hat. Die Kunden kämen sich aufgrund zahlreicher Rückrufe und eben nicht zuletzt eben jener Dieselaffäre beim Kauf eines Neuwagens aus deutscher Produktion vor, als würden sie in einem Casino ohne einen Gratis Bonus ohne Einzahlung, sondern mit ihrem hart erarbeiteten Geld spielen.
Nun, zwischen dem subjektiven Empfinden einzelner Käufer und den tatsächlichen statistisch belegbaren Vorgängen in den Werkstätten oder bei den Kontrollen der Prüfer des TÜV gibt es tatsächlich Unterschiede. Diese Unterschiede entlasten jedoch die Hersteller in keiner Weise, ganz im Gegenteil allein ein Blick auf die Anzahl der Rückrufe von Neuwagen aus deutscher Produktion sollte für Entsetzen sowie für Empörung bei den Kunden sorgen. In Deutschland hingegen scheint man von Kritik nichts wissen zu wollen. Stattdessen wird großzügig über Verarbeitungsmängel, Rückrufe sowie offensichtliche sinkende Qualitätsstandards hinweggesehen. Sind die deutschen zu nachsichtig mit ihren Herstellern oder sind die teils ausländischen Daten schlicht und ergreifend falsch, um einheimische Hersteller besser aussehen zu lassen? Wir gingen der Sache auf den Grund und das Ergebnis ist leider eindeutig.
Die Qualität einer Marke zu bestimmen, kann schwierig werden. Abhängig davon, welche Faktoren man berücksichtigen möchte, kann eine Auswertung von vorliegenden Daten mitunter enorm umfangreich werden. Ein Aspekt, welcher maßgeblichen Einfluss auf eine Qualitätsbestimmung hat, ist das Alter der Fahrzeuge. Je älter ein Wagen ist, desto größer ist auch die Laufleistung und letztendlich auch die Chance, dass Verschleißteile ausgetauscht werden müssen. Die Daten, welche die US-amerikanischen Behörden für Fahrzeugsicherheit jährlich veröffentlichen, sind deshalb so interessant, weil keine andere Behörde der Welt alle Rückrufe eines Herstellers seiner im Zeitraum eines Jahres verkauften Neuwagen erfasst und mit dem dazugehörigen Modell veröffentlicht. Will man sich also ein Bild über die Qualität und Zuverlässigkeit der aktuellen Modellreihen eines Herstellers machen, dann führt kein Weg an den Daten der Amerikaner vorbei.
Die Daten für das Jahr 2017 bestätigten einen Trend, welcher seit 2014 anhält und sogar jährlich an Dynamik gewinnt. Jedoch sind die Erhebungen für 2017 alarmierend! Unter den zehn Marken mit den höchsten Rückrufquoten befinden sich drei deutsche Hersteller. Noch schlimmer wird es, wenn man genauer hinsieht, denn die Amerikaner unterscheiden in ihrer Statistik nicht zwischen den einzelnen Herstellern der Volkswagen Gruppe (VW, Audi und Porsche), sondern fassen diese unter dem Namen des Mutterkonzerns zusammen. Den Spitzenplatz mit den meisten Rückrufen konnte sich BMW sichern, die Rückrufquote der Münchner betrug unglaubliche 588%. Das bedeutet, dass 5,88 Mal so viele Autos zurück in die Werkstätten gerufen wurden wie BMW im gleichen Zeitraum verkaufen konnte. Zum Vergleich Mazda auf Platz zwei kommt auf eine Quote von 407%. Neben Platz eins geht auch der fünfte und sechste Platz mit VW und Mercedes an deutsche Hersteller.
Besser schneiden die deutschen Fabrikate in der Pannenstatistik des ADAC ab. Aber auch hier muss man differenzieren, denn diese Aussage kann man so nur für einige Modelle stehen lassen. In der ADAC Pannenstatistik der Mittelklassefahrzeuge erwiesen sich die Autos der deutschen Hersteller etwa als sehr zuverlässig. Die vom ADAC veröffentlichten Daten sind äußerst repräsentativ, denn hier werden alle Pannen eines Jahres erfasst und nach Modell und Marke ausgewertet. Für das Jahr 2019 liegen beispielsweise Daten von 3.756.226 Einsätzen vor, zu denen die Gelben Engel ausrückten und dabei Pannen an 113 PKW-Modellen von 25 verschiedenen Herstellern behoben. Wirft man einen Blick in diese Daten, dann kommt man zu der Erkenntnis, dass ausländische Modelle es qualitativ mit den deutschen aufnehmen können.
Bei den Kleinstwagen haben sich beispielsweise mit dem Toyota Aygo und dem i10 von Hyundai zwei asiatische Modelle mit großem Abstand als besonders zuverlässig erwiesen. Ähnlich sieht es auch bei den Kleinwagen aus, hier kann es lediglich der Mini und der A1 von Audi mit der ausländischen Konkurrenz von Toyota, Suzuki, Renault, Honda und Fiat aufnehmen. In der Mittelklasse konnten sich deutsche Fabrikate von Audi, BMW und Mercedes-Benz auf den Spitzenplätzen positionieren. Jedoch ist auch hier ein klarer Trend zu erkennen, in der oberen Mittelklasse kann man beispielsweise deutlich herauslesen, dass bei den neueren Modellen von Skoda und Ford die Pannenanfälligkeit abnimmt bzw. nicht weiter zugenommen hat. In der unteren Mittelklasse können es hingegen gleich mehrere ausländische Fahrzeughersteller mit den Werten der Autos aus deutscher Produktion mithalten. Allen voran neuere Modelle von Toyota, Skoda, Mitsubishi, Mazda, Kia, Citroen und Ford sind besonders pannenresistent.
Aber was sagt eigentlich die deutsche Fachpresse über die Qualität der deutschen Modelle? Einer der umfangreichsten Tests wird vom deutschen Fachmagazin Auto-Bild durchgeführt. Für den Qualitätsreport werden Faktoren wie Umfragen, Leserzuschriften, eigene Werkstatttests, Dauertests, Rückrufe und auch der TÜV-Report berücksichtigt. Die Daten des Jahres 2015 sprechen leider ebenfalls eine deutliche Sprache. Für den Test dieses Jahres wurden Daten von Fahrzeugen von 20 Herstellern erhoben und bereits auf Platz 18 und 19 findet man mit VW einen deutschen Autobauer, welcher das Kunststück fertig brachte, sich gleich zwei der letzten drei Plätze zu sichern. Auf Platz 14 befindet sich zudem mit Audi ein weiteres Unternehmen dieser Herstellergruppe. Platz elf ging an Opel, Platz zehn an Mercedes-Benz und auf Platz sieben landete BMW. Die Spitzenplätze von sechs bis eins gingen mit Volvo, Toyota (mit drei Modellen), Hyundai, Honda und Mazda allesamt an ausländische Produzenten.
Dass zum Teil deutlich günstigere ausländische Modelle in Sachen Qualität den deutschen Herstellern das Wasser reichen können, wird selbst vom TÜV in seinem Mängelreport von 2015 bestätigt. Auf den Spitzenplätzen mit den geringsten Mängelquoten befindet sich mit dem Opel Adam lediglich ein einziges Auto aus deutscher Produktion. Fahrzeuge von Mazda, Mitsubishi und Honda weisen hingegen selbst mit einer Laufleistung von über 60.000 Kilometern noch eine wesentlich geringere Anzahl an Mängeln auf, wie so manch ein deutsches Fabrikat. Auch im Mängelbericht des TÜV befinden sich mit dem Sharan, Passat und dem Passat CC gleich drei Modelle von Volkswagen auf den hinteren Plätzen.